Soziale Netzwerke Fluch oder Segen?
TEXT UND FOTOS: Schwester Catarina Oliveira Fernandes OSF

Apps wie Instagram und TikTok haben eine hohe Sichtbarkeit und erreichen eine große Anzahl von Nutzern weltweit. Die derzeit erfolgreichsten Netzwerke haben die Macht, viel Gutes zu tun. Aber sie können auch die Ursache für großes Übel sein. In Sekundenschnelle kann man ein großer Influencer sein oder von denselben Leuten, die einem aus irgendwelchem Grund folgen, ignoriert oder beschimpft werden – weil ihnen bestimmte Kommentare oder Weltanschauungen nicht passen. Videos vom Ordensalltag
Millionen von Menschen nutzen Social Media unter anderem als Spaß, Zeitvertreib oder für geschäftliche Kontakte. In meinem Fall, als junge Ordensfrau, nutze ich diese Plattformen für Evangelisierungsarbeiten. Wie mache ich das? Ich habe angefangen, Videos von meinem täglichen Leben und meinen pastoralen Aktivitäten mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Brasilien zu veröffentlichen. Mein Ziel war es, meine Freude am Dienst für Jesus zu teilen und nah bei den Menschen zu sein. Voller Spontaneität begannen meine Stories, die Aufmerksamkeit vieler Menschen aller Altersgruppen zu erwecken. Denn aufgrund mangelnder Informationen stellen sich die meisten Menschen vor, dass das Ordensleben eine Art Gefängnis ist voller veralteter, verbitterter, einsamer Menschen – oder anderer nicht mehr zeitgemäßer Stereotypen. Es war erstaunlich zu erfahren, dass in vielen Köpfen immer noch ein idealisiertes Bild von uns herrscht, in dem wir Ordensmenschen über außergewöhnliche spirituelle Kräfte verfügen und sogar von der Welt um uns herum völlig losgelöst sind. Mein erster Gedanke bei meinen Stories war zunächst, das Eis zwischen mir und meinen Followern zu brechen. Dann bekam ich bald zahlreiche Nachrichten mit häufig gestellten Fragen zu meiner Berufung: Wie ist es, in einem Kloster zu leben? Fühlen Sie sich glücklich und erfüllt? Warum sind Sie so jung ins Kloster gegangen? Diese Neugier wurde in den Herzen derer, die mir folgen, geweckt. Einige meiner Follower kontaktieren mich bis heute, um sich wortwörtlich mit mir über Gott und die Welt zu unterhalten, über Themen zu sprechen, die sie bedrücken, oder sogar um Rat zu fragen. Andere danken mir einfach dafür, dass ich sie mit meinen Videos zum Lächeln gebracht habe. Klar macht mich diese Resonanz sehr glücklich, denn mein Lebensstil hat in den Herzen einiger Menschen den Ruf nach einem religiösen Leben geweckt. Und ich spreche nicht nur von einer bestimmten religiösen Lebensweise, sondern vom Christsein.


Auf diese Weise verkünde ich in den sozialen Netzwerken das Evangelium in der Praxis und ohne viel Theorie. Das Zeugnis meines eigenen Lebens erweckt den Frühling im Herzen der Menschen und die Schönheit des Lebens. Ausgewogen nutzen Aber mir ist auch bewusst: Ganz generell birgt diese digitale Form der Sichtbarkeit von Menschen und Themen in sich viele Gefahren. Insbesondere sind Kinder und Jugendliche gefährdet, die sich von pornographischen, gewalttätigen und manipulativen Inhalten beeinflussen lassen. Dabei werden ihre eigenen Werte und ihre Würde und Integrität angegriffen. Die Auswirkungen des Missbrauchs sozialer Netzwerke spiegeln sich im Leben junger Menschen als eine Form von ungesundem Wettbewerb und übertriebenem Wunsch nach einer vermeintlichen Sichtbarkeit wider. Im schlimmsten Fall hat der übertriebene Konsum sozialer Medien zerstörerische Folgen wie Angststörungen, Depressionen oder die Besessenheit von einem perfekten Leben oder Körper. Das Traurigste ist für mich, die große Zahl von Jugendlichen zu sehen, denen es an echter, realer Liebe und Aufmerksamkeit fehlt, die von Einsamkeit umgeben sind und die die Lösung für ihre Probleme im Internet suchen. Viele von ihnen identifizieren sich mit dieser digitalen Welt und bauen virtuelle Freundschaften auf. Das Übermaßan virtuellen Interaktionen kann jedoch das Gefühl der Einsamkeit verstärken und zu sozialer Isolation führen. Auch mit Cybermobbing muss sich die Gesellschaft auseinandersetzen, denn diese virtuellen Aggressionspraktiken gegenüber Mitmenschen wirken stark auf das Leben vieler jungen Menschen. Es ist immer ratsam, bei allem, was wir tun, ein Gleichgewicht zu finden – und bei der Nutzung sozialer Netzwerke ist das nicht anders. Wenn jeder die sozialen Netzwerke dem realen Leben vorzieht, bedeutet das auf lange Sicht einen Verzicht auf eine gesunde Lebensqualität. Eine Balance zwischen dem digitalen und dem realen Leben zu finden, ist nicht nur ein machbarer Kompromiss, sondern ein Muss. Ein ganzes Wochenende außerhalb der virtuellen Welt zu verbringen, um sich von negativen Reizen zu befreien, wäre ein Anfang. Es ist in der heutigen Zeit fast unmöglich, nicht in der digitalen Welt unterwegs zu sein. Daher ist es umso wichtiger, diese Möglichkeit zu nutzen, gute Samen in die Herzen der Menschen zu pflanzen. Seien Sie ein Nutzer des Guten und säen Sie den Samen der Hoff nung bei jeder Gelegenheit.

Die Autorin Catarina Oliveira Fernandes ist Brasilianerin und lebt seit 2022 in Deutschland. Sie gehört der Kongregation der Solanusschwestern in Landshut an, wo sie ihre Mitschwestern tatkräftig in verschiede nen Aufgaben unterstützt und auch intensiv die deutsche Sprache lernt. Übersetzung aus dem Portugiesischen: Márcia Santos Sant‘Ana